Reisen veredelt den Geist und schafft einen neuen Blick. Die 4AHBTH in Barcelona
„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe, und er wusste, wovon er sprach: seine Italienreise veränderte sein Denken und Schreiben und führte zu einer erweiterten Weltsicht. Ähnliche Erfahrungen musste Oscar Wilde gemacht haben, denn er vermerkte: „Travel improves the mind wonderfully, and does away with all one’s prejudices.” Gerade in Zeiten vermehrter Fremdenfeindlichkeit kann man Wilde nur zustimmen. Aber nicht allein deshalb schickt die Bautechnikabteilung ihre vierten Jahrgänge auf Reisen (bevorzugt Rom, Prag und eben Barcelona), sondern um herausragende Beispiele architektonischer Meisterleistungen und städteplanerische Besonderheiten vor Ort kennenzulernen. Dabei spielt das „Ergehen“ einer Stadt eine besondere Rolle, ebenso auch das Ausprobieren fremder Speisen und das Beobachten eines anderen Lebensstils. Viele unserer SchülerInnen kehren deshalb in den Folgejahren in die bereisten Städte zurück, denn mit vier, fünf Tagen bekommt man bloß einen ersten Eindruck; und von manchen Städten kann man sowieso nie genug bekommen.
Heuer also wieder einmal Barcelona. Im Vorfeld wurden die SchülerInnen der 4AHBTH von Prof. Arch. Dipl.-Ing. Josef Brandmüller und Prof. Bmstr. Mag.arch. Michael Menschhorn in die architektonischen Besonderheiten der Stadt eingeführt (z.B. dass man sich im 19. Jahrhundert bei der Erweiterung der Stadt Paris zum Vorbild nahm, was die Stadtteile Gràcia und Eixample tatsächlich sehr französisch erscheinen lässt) und hielten Referate u.a. über Antoni Gaudí und den Modernismo, die Sagrada Familia und die Casa Batlló, den Pavillon von Mies van der Rohe und das mittelalterliche Barcelona, Prof. Mag. Bernadette Bauer entwarf einen geschichtlichen Längsschnitt der Region von der Antike bis zu den Separationsbewegungen und ich behandelte die Problematik der katalanischen Identität, die Eigenart des Katalanischen (das Anteile am Spanischen und Französischen hat, gleichzeitig aber als eigenständige Sprache gilt) und die außergewöhnliche Hymne (die einzige, die im 3/4-Takt komponiert ist – nebst einem eingestreuten 2/4-Takt – und gleichzeitig einen martialischen Text hat). Auf diese Weise gut vorinformiert (nach Goethes Motto „Jeder muss wissen, worauf er bei einer Reise zu sehen hat und was seine Sache ist.“), traten die SchülerInnen, Prof. Brandmüller und ich die Reise an – und wir wurden, das kann ich behaupten, nicht enttäuscht, wenngleich sich manche auf den über 50 Kilometern der Stadtwanderungen die Füße wundliefen und vor Ort manche Gebäude dem einen oder der anderen anders erschienen als auf den Photos. Aber das ist ja das Spannende an so einer Reise: Man macht sich ein Bild von den Dingen, trägt dieses mit sich und muss es eventuell revidieren; auf jeden Fall bekommt man einen neuen Blick auf die Welt (Marcel Proust meinte dazu: „Eine Entdeckungsreise besteht nicht darin, nach neuen Landschaften zu suchen, sondern neue Augen zu bekommen.“), vor allen Dingen wenn man sich auf fremde Gegebenheiten einlässt und sich überraschen lässt (zum Beispiel vom unvertrauten Essen, der Seefahrerkirche Santa Maria del Mar oder dem Museu Nacional mit seiner außergewöhnlichen Sammlung an romanischen und gotischen Altären, Bildern und Skulpturen). Dann kehrt man heim, voll neuer Erfahrungen, und das angelernte Wissen hat Farbe, Geruch und Klang bekommen.
Christoph Janacs
Bildlegenden
Photo 1: Die SchülerInnen vor Rebecca Horns Hommage an Barcelona
Photo 2: Staunen und Rast im Museu Nacional
Photo 3: Das phantastische Innere der Sagrada Familia